Exklusivität statt Eifersucht
Das Problem
Eifersucht ist ein klassisches Thema in Liebesbeziehungen. Jede/r kennt diesen Begriff, kaum jemand reagiert wirklich ganz neutral auf ihn.
Entweder man ist direkt betroffen, weil man dieses quälende Gefühl selbst kennt oder weiß, dass man es beim Partner bzw. der Partnerin auslöst. Oder man findet dieses Wort irgendwie altmodisch und ziemlich uncool. Sich zu diesem Empfinden offensiv zu bekennen, fällt in „modernen“ Kreisen wohl eher schwer.
Die Frage ist allerdings, was erreicht wird, wenn man dieses Wort aus dem Sprachgebrauch verbannt. Ist dann auch das Problem verschwunden, das doch offenbar auch in der Gegenwart immer wieder als Begründung für alle möglichen Katastrophen herhalten muss.
Und ist das Empfinden bzw. das Bedürfnis, das hinter der Eifersucht steckt, wirklich ein falsches, überflüssiges, eben zu überwindendes Phänomen? Oder machen sich die Vertreter moderner Beziehungskonzepte nur etwas vor, um vor sich und anderen keine Punkte zu verlieren?
Der Begriff „Eifersucht“ zwingt scheinbar zu einer Entscheidung zwischen „alles“ oder „nichts“. Und er lädt zum Verstecken ein, zum Leugnen, zur „political correctness“. und er verengt das Geschehen auf eine negative und rein emotionale Ebene.
Wir hatten jedenfalls das sichere Gefühl, dass wir für unsere Betrachtung der Prozesse rund um Beziehungsgrenzen in Band I ein stimmiges Konzept brauchten. Sollten wir so tun, als ob die Bewahrung von Grenzen nichts mit dem Eifersuchtsthema zu tun hätte?
Sicher nicht!
Die Lösung
Unsere Lösung besteht aus zwei Ebenen:
Zum einen benutzen wir eine andere, weniger kontaminierte Begrifflichkeit; zum anderen zäumen wir das Thema von der anderen Seite her auf.
Was ist die Basis, worum geht es im Grunde?
Haben wir nicht in jeder intensiveren Beziehung (egal ob familiär oder freundschaftlich) das Bedürfnis, bestimmte Aspekte als besonders, als herausgehoben, als ganz persönlich auf uns bezogen zu erleben? Anders ausgedrückt: Entspringt das Bedürfnis nach Exklusivität, nach exklusiven Erfahrungen und Bereichen nicht einem ganz normalen, völlig legitimen Wunsch?
Wenn das so sein sollte: Käme dann wirklich jemand auf die Idee, dass ausgerechnet bei der innigsten und bedeutsamsten Beziehung – zu unserem Liebespartner – das Bedürfnis nach und die Erwartung von exklusiven Bereichen fehlen könnte oder sollte?
Tatsächlich würden wir diesen Gedanken als ziemlich abwegig halten.
Wenn aber Exklusivitätsbedürfnisse ganz normal sind, dann können auch Veränderungen bzw. Einschränkungen von Exklusivitäten ganz selbstverständlich zu Enttäuschung, Frust und Leid führen.
Schon haben wir eine Situation, die eine tabufreie Analyse und eine legitime Suche nach Lösungen erlaubt. Im Gegensatz zur Eifersucht, kann nämlich die beeinträchtigte Exklusivität in Ruhe angeschaut werden:
Um welche Bereiche geht es eigentlich?
Welche Bedeutung haben diese Bereiche in der gegenwärtigen Phase der Beziehung für die beiden Partner?
Welche Bereiche sind weiterhin ganz selbstverständlich und unverletzbar exklusiv?
Welche Kompromisse sind denkbar, welche Absprachen können gefunden werden?
Der größte Gewinn: Das Thema wird besprechbar! Niemand muss sich schämen, wenn er oder sie mit der Verletzung eigener Exklusivitätsbedürfnisse Probleme hat.
Aber genauso kann man darüber sprechen, dass ein Partner/eine Partnerin im Laufe einer Beziehung andere Vorstellungen von angemessenen Exklusivitätserwartungen entwickelt.
In Buch III...
… behandeln wir das Thema „Exklusivität“ in verschiedenen Zusammenhängen ausführlich („Beziehungsgrenzen neu denken“).
Wir beschreiben ihre Bedeutung für das Zustandekommen und Bewahren von Beziehungsgrenzen und betrachten die Exklusivitätserwartungen des Partners/der Partnerin als einen Wirkfaktor, der Menschen in ihrer Beziehung hält und Nebenbeziehungen verhindert.
In unsere „Kalkulation“ der eigenen Position zwischen Beziehung und Außenraum spielen die Exklusivitätswünsche des Partners eine bedeutsame Rolle – die wir auch in einem kleinen Fragebogen-Test erfassen.
Um verschiedene Aspekte der Exklusivität geht es aber auch bei der Darstellung und Unterscheidung der vier Nebenbeziehungs-Formen.
Für alle diese Betrachtungen wäre das Konzept der Eifersucht weit weniger geeignet.
Was denken Sie über „Eifersucht“ und „Exklusivität“? Haben Sie Erfahrung mit der Anpassung von Exklusivitäts-Erwartungen in verschiedenen Phasen Ihrer Beziehung?
Schreiben Sie Ihre Meinung in unser Forum (zu Band III)!